Fluggastrechte & Rechtsschutzversicherung

  1. wegen fehlender Zuständigkeit eines österreichischen Gerichts?
  2. Klagsdeckung und Erwirkung eines positiven Urteils für den Fluggast aber Deckungsablehnung für die Vollstreckung des Urteils am ausländischen Sitz der Fluglinie

Fall 1: Frau A arbeitet in einer Anwaltskanzlei. Sie kommt am 12.06.2023 nicht zur Arbeit, weil sie in Frankfurt festsitzt. Sie sitzt in Frankfurt fest, da ihr Urlaubsrückflug von Paris über Frankfurt nach Wien bereits am 11.06. in Paris verspätet abflog, weshalb der Anschlussflug von Frankfurt nach Wien verpasst wurde und erst am 12.06. mit deutlicher – 11 stündiger – Verspätung in Wien ankam. 

Fall 2: Frau M erging es ähnlich. Sie buchte einen Urlaubsrückflug für den 10.04. von Malta über Brüssel nach Wien. Es handelte sich auch hier nicht um einen Direktflug, jedoch um eine einheitliche Buchung. Auch Frau M hat sich ihren Rückflug also nicht zusammengestoppelt. 

In beiden Fällen wurde das sogenannte „Endziel“, nämlich Wien, mit mehr als 8- bzw. mehr als 11-stündiger Verspätung erreicht. Neben Verpflegungskosten, Wartezeit auf überfüllten Flughäfen oder sogar verlorenen Urlaubstagen aufgrund verspäteter Rückkehr machten die beiden jeweils Ausgleichsleistungen nach Art 7 der Fluggastrechteverordnung gegenüber den ausführenden Fluglinien geltend; dies, trotz aufrechten Rechtsschutzversicherungsverträgen vorerst vermeintlich auf ihr eigenes Kostenrisiko. Die außergerichtlichen Aufforderungen an die ausführenden Luftfahrtunternehmen endeten in beiden Fällen erfolglos, sodass eine gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche der beiden Damen bevorstand und zu diesem Zweck um Deckung bei der Rechtsschutzversicherung angefragt wurde. 

Die Rechtsschutzversicherung im ersten Fall lehnte die Deckung ab mit dem Hinweis, dass bei einer Entschädigungsklage aufgrund einer Flugverspätung laut Entscheidung des EuGH das Gericht am Abflugort des verspäteten Flugzeugs zuständig sei. Diese pauschale Absage war falsch und basierte auf einer Fehlinterpretation einer Entscheidung des EuGH durch die Versicherung, die nach entsprechender Aufklärung ihre Deckungsablehnung revidiert hatte. Fest steht, und dies hat der EuGH bereits in mehreren Rechtssachen klargestellt: Man kann am Ankunftsort des letzten Teilfluges (also in Wien), am sogenannten Endziel, klagen (Rechtssachen Flightright u.a.; C-606/19, C-274/16, C-447/16 und C-448/16). Für diesen Fall ist eine Zuständigkeit österreichischer Gerichte grundsätzlich gegeben. Nach Art 7 Abs 1 lit a EuGVVO bzw. Art 33 Übereinkommen von Montreal kann eine Person aus einem anderen Staat nämlich auch dann in Österreich geklagt werden, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag gegen diese geltend gemacht werden und der Erfüllungsort (wie z.B. das Endziel eines oder mehrerer Flüge) in Österreich liegt. Im Europäischen Mahnverfahren wurde dann auch im Fall, dass die Fluglinie einen Einspruch erhebt, die Durchführung des ordentlichen Verfahrens vor dem (bei einem Flug-Endziel Wien) zuständigen Bezirksgericht in Schwechat beantragt. In diesem Fall liegt ein vollstreckbarer Europäischer Zahlungsbefehl noch nicht vor, sodass man sich bislang um die Frage, wie man zum eingeklagten Geld faktisch kommt, noch keine Gedanken machen musste. 

Die andere Rechtsschutzversicherung erteilte Deckungszusage für den zweiten Fall, teilte jedoch mit, dass nach den anwendbaren Versicherungsbedingungen die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Versicherungsnehmerin in Österreich erfolgen muss und dafür die Zuständigkeit eines staatlichen österreichischen Gerichtes gegeben sein muss, da die Versicherungsnehmerin den Baustein Europarecht nicht mitversichert hatte. Es wurde daher der Anspruch der Frau M ebenfalls im Europäischen Mahnverfahren eingeklagt und ein vollstreckbarer europäischer Zahlungsbefehl erreicht. Mangels freiwilliger Zahlung der unterlegenen Fluglinie musste der vollstreckbare Zahlungsbefehl im Ausland exekutiert werden. Rechtsschutzdeckung für das Vollstreckungsverfahren wurde jedoch nicht erteilt. Pfändbares bewegliches Vermögen in Österreich, welches gem. § 4 EO auch durch österreichische Gerichte pfändbar ist, wenn die verpflichtete Partei keinen Sitz im Inland hat, schien nicht zu existieren. Dies führte dazu, dass, trotz vermeintlicher Rechtsschutzdeckung, zwar ein Verfahren zur Erlangung des Titels gedeckt war, die Durchsetzung desselben im Ausland (am Sitz der Fluglinie) jedoch nicht. Da die Durchsetzung Europäischer Zahlungsbefehle in anderen Mitgliedstaaten der EU ohne entsprechende Rechtsschutzdeckung jedenfalls mit Kosten verbunden ist, entscheiden sich Versicherungsnehmer oftmals dafür, ihre Ansprüche nach Erlangung eines Titels nicht weiter zu verfolgen. 

Versicherungsrechtlich ist daher in Reisesachen einiges zu beachten. 

Nach den individuellen Bedingungen des Rechtsschutzversicherungsvertrages sind Verfahren vor österreichischen Gerichten grundsätzlich gedeckt, sofern auch die betreffende Versicherungssparte versichert ist (§ 158j VersVG). Hier ist etwa darauf zu achten, ob Reiseveranstaltungsverträge (Pauschalreisen) oder Beförderungsverträge (sofern es sich nicht um eine Pauschalreise handelt) grundsätzlich versichert sind oder eine eigene Sparte darstellen. Sollten reiserechtliche Ansprüche eine eigene Sparte darstellen, wäre bei der Hinzunahme des „Europarecht-Bausteins“ jedenfalls zu beachten, ob die Sparte Reiserecht von diesem mitumfasst ist. Zusätzlich bestehen erhebliche Unterschiede zwischen älteren und neueren Versicherungsbedingungen. Auch hier ist jedenfalls Vorsicht geboten und die Anwendbarkeit der Bedingungen, auf die die vermeintliche Deckungsablehnung gestützt wird, zu hinterfragen. 

Ein genaues Studium der Versicherungsbedingungen und der individuellen Versicherungspolizze lohnt sich. 

Es bleibt jedem Versicherungsnehmer jedoch auch unbenommen, von den vom jeweiligen Rechtsschutzversicherer herangezogenen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung abweichende vertragliche Vereinbarungen zu treffen. 

Bei der Vollstreckung im EU-Ausland bestehen erhebliche Unterschiede sowohl in der Durchführung als auch im Kostenaufwand. Eine ungarische Gerichtsvollzieherin konnte ohne Auftrag eines ungarischen Gerichts etwa einen vollstreckbaren Europäischen Zahlungsbefehl nicht eintreiben. Ein luxemburgischer Gerichtsvollzieher konnte wiederum in einem anderen (Fluggastrechte nicht betreffenden) Fall problemlos unter Übermittlung des vollstreckbaren Europäischen Zahlungsbefehls beauftragt werden und die Forderung für unsere österreichische Mandantin zur Gänze einbringlich machen. In beiden Fällen mussten die Mandanten ohne gedecktem Vollstreckungsverfahren daher in Vorleistung treten und sich dieses im Ausland selbst finanzieren. 

Es wäre daher als letzte Möglichkeit, um ein Vollstreckungsverfahren im Ausland zu umgehen, Vermögen der unterlegenen Partei in Österreich zu suchen und etwa eine Exekution in Start- und Landerechte auf einem österreichischen Flughafen oder eine Exekution im Flugzeug, das gerade in Österreich gelandet ist, selbst zu erwägen. Ob derartige Exekutionsanträge von der Rechtsschutzversicherung zu decken sind (ein österreichisches Gericht wäre dann wieder zuständig, sofern die Pfändung auf einem auf österreichischem Boden gelandeten Flugzeug stattfinden soll) ist in unserem zweiten Fall noch zu klären. 

Wir stehen Ihnen sehr gerne bei Ihrem individuellen Fluggastrechtefall mit rechtlichem Rat zur Seite und bemühen uns auch um die Erlangung allfälliger Deckungszusagen, sofern dies aufgrund Ihres Rechtsschutzversicherungsvertrages denkbar und möglich ist. 

Mag. Dominique Perl ist Rechtsanwaltsanwärterin bei Neumayer & Walter Rechtsanwälte KG und beschäftigt sich ständig mit reiserechtlichen Fällen der Kanzlei. 

Mag. Ulrich Walter ist Kanzleipartner bei Neumayer & Walter Rechtsanwälte KG und Experte im Reise- und Versicherungsrecht. 

Wienwert: Anleihen und Insolvenz der WW Holding AG

UPDATE: Die Kuratorin, Dr. Pariasek, teilte mit, dass es ihr gelungen ist, mit dem vormals für die WW Holding AG tätigen Treuhänder einen außergerichtlichen Vergleich abzuschließen. Der jeweils geschädigte Anleger hat daher die Möglichkeit, 20 % des Anleihenominals zu erhalten, wenn er ihr (direkt an die Kuratorin und nicht an die Kanzlei Neumayer & Walter!) bis zum 15.06.2023 die entsprechenden Unterlagen übermittelt. Wir ersuchen Sie, sich direkt unter anwaltwien.at entsprechend zu informieren und die weiteren notwendigen Schritte zu setzen.

UPDATE: Die Kuratorin hat am 13.06.2022 ein E-Mail verteilt, mit welchem sie die Anleiheinhaber der ISIN AT0000A100Z7 auffordert, ein Formular „Erklärung und Vollmacht“  zum Abschluss einer vergleichsweisen Einigung der Anleiheinhaber gegen bestimmte Anspruchsgegner an sie zu übermitteln. Sie hat diesbezüglich als Frist den 15.07.2022 genannt und ersucht neben dem ausgefüllten und unterschriebenen Formular auch um Übermittlung einer aktuellen Depotbestätigung zum Stichtag 06.04.2022.

Wichtige Informationen zu von der Insolvenz der WW Holding AG betroffenen Anleihen: ISIN AT0000A100Z7 und ISIN AT0000A190U9

Frau Dr. Pariasek agiert als Kuratorin für sämtliche Anleger, die die im Betreff genannten Wienwert Anleihen gezeichnet haben, sämtliche Informationen der Kuratorin sind zusätzlich unter www.wienwert-kurator.at abrufbar und werden Sie als geschädigter Anleihezeichner auch aufgefordert, sich ständig auf der von der Kuratorin bereitgestellten Informationsseite am Laufenden zu halten. Wir haben die für diese Anleihen angebotenen Gruppeninterventionen bereits 2020 erfolgreich zu einem Abschluss gebracht. 

Die Kuratorin teilt mir mit E-Mail vom 14.03.2022 mit, dass aktuell Kaufangebote seitens einer N** AG an verschiedene Anleihezeichner übermittelt werden. Die angebotene Bezahlung pro Nominale sei jedoch schlechter als die von ihr im Rahmen des Vergleichs mit dem Treuhänder ausgehandelte Schadenersatzzahlung. 

Ich habe daher in Entsprechung meiner Informationspflicht sämtliche vormals von mir vertretenen Anleihezeichner der im Betreff genannten zwei Anleihen aufzufordern, sich über die Modalitäten der Teilnahme an dem von der Kuratorin ausgehandelten Vergleich direkt bei dieser zu informieren und die entsprechende Information, dass es derzeit günstiger zu sein scheint, die Anleihen aktuell nicht an die N** AG zu verkaufen, zur Kenntnis zu nehmen. 

Wir haben am heutigen Tag auch Informationen mit sämtlichen weiteren Schritten, an die von uns vormals vertretenen Anleger übermittelt. Unsere Tätigkeit hinsichtlich der im Betreff genannten Anleihen ist daher vorerst beendet und werden wir keine weiteren Schritte mehr in diesem Zusammenhang für Sie setzen. 

Wir bedanken uns recht herzlich für Ihr Vertrauen und verbleiben

mit freundlichen Grüßen,

MMag. Dr. Johannes Neumayer

Verlassenschaften, Liegenschaften und Steuern: Eine Übergangsbestimmung, die Abgaben sparen kann!

Verlassenschaftsabhandlungen können durch sogenannte Erbrechtsfeststellungsverfahren oder sonstige Umstände regelrecht blockiert werden; dies mitunter auch über Jahre hinweg. Ein Erbrechtsfeststellungsverfahren ist ein Verfahren, das während des Verlassenschaftsverfahrens eingeleitet wird, wenn potenzielle Erben einander widersprechende Erbantrittserklärungen abgegeben haben. Der Klassiker in diesem Fall ist wohl das angefochtene Testament, sodass der Wunsch besteht, zur Anwendung der gesetzlichen Erbfolge und nicht der testamentarischen, zu kommen. 

Eine verzögerte Einantwortung (das ist der Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens) macht steuerrechtlich einen großen Unterschied. 

In einem aktuellen Fall unserer Kanzlei musste die Erbin sagenhafte 10 Jahre zwischen dem Tod des Erblassers und der erfolgten Einantwortung der Verlassenschaft warten. Beim Erwerb von Liegenschaften aufgrund Erbanfalles ist in grunderwerbsteuerrechtlicher Hinsicht das relevante Datum nicht der Tod des Erblassers, sondern die Rechtskraft der Einantwortung. 

Für die Grunderwerbsteuer in Bezug auf den Liegenschaftserwerb aus der Verlassenschaft haben sich somit im gegenständlichen Fall enorme Differenzen durch die Preissteigerung der Liegenschaft innerhalb der letzten 10 Jahre ergeben. Auch die Änderung der Berechnung des Steuersatzes, die Erhöhung der Bemessungsgrundlage und eine Weiterentwicklung der Rechtslage führen zu einer wesentlichen Erhöhung der Steuern. Die im Verlassenschaftsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten zum Wert der geerbten Liegenschaft waren aufgrund der erst Jahre später erfolgten Einantwortung an sich nicht mehr verwendbar. 

Eine der Übergangsbestimmungen des aktuellen Grunderwerbsteuergesetzes hat hier Abhilfe geschaffen und eine sogenannte Rückoptierung ermöglicht. Die Rückoptierung ist an eine bestimmte Form gebunden und nur innerhalb bestimmter Fristen zulässig (vgl. BFG 13.06.2016, RV/7104464/2015). 

Für sämtliche Fragen in Bezug auf das Verlassenschaftsverfahren und der steuerrechtlichen Behandlung der damit einhergehenden Fragen steht Ihnen die Kanzlei Neumayer & Walter Rechtsanwälte KG jederzeit sehr gerne mit Rat und Tat zur Verfügung.

RA Mag. Ulrich Walter und RAA Mag. Dominique Perl sind insbesondere mit der Materie befasst und beraten Sie gerne umfassend zu diesen Themengebieten. 

Fremdwährungskredite: OGH meißelt seine Rechtsansicht in Stein.

Verbraucherfeindliche Rechtsprechungslinie bleibt.

Im Laufe des vergangenen Jahres wurde das Thema Fremdwährungskredit und dessen mögliche Anfechtung wieder emsig betrieben. Die Kreditnehmer konnten Hoffnung schöpfen, dass doch noch ein Ausweg aus der Fremdwährungsfalle gefunden werden kann. Doch hier machte der OGH den Verbrauchern einen Strich durch die Rechnung.

Lichtblick am Horizont war die Entscheidung des OGH vom 02.02.2022 (6 Ob 51/21z) – wie von uns berichtet –, in der sich der OGH überraschenderweise von seiner früheren kreditnehmerfeindlichen Judikatur abwandte. Der OGH judizierte, dass bei Fehlen der genauen Definition der Fremdwährung, der gesamte Kreditvertrag nichtig wäre, da die Fremdwährung keine bloße Nebenklausel und die Kreditsumme in der Fremdwährung unbestimmt sei. Es wäre im Kreditvertrag nie festgelegt, wie hoch die Summe der kreditierten Schweizer Franken gewesen wäre und wäre kein späteres Verhalten des Kreditnehmers zu deren Festlegung feststellbar.

Seit dieser Entscheidung im Februar sind mittlerweile unzählige Entscheidungen des OGH ergangen, die seine Entscheidung vom 02.02.2022 als „Ausreißerentscheidung“ darstellen und aufgrund eines besonderen Einzelfalles erfolgte.

Letzter Strohhalm der vielen Kreditnehmer war eine im August 2022 ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichtes Innsbruck (4 R 92/22v), die judizierte, dass die Fremdwährung nicht bestimmt genug sei, wenn im Kreditvertrag lediglich auf die Kreditierung in „Euro und Fremdwährung bis zum Gegenwert von € xxx unter Umstieg in andere Währungen mit Zustimmung der Bank unter Vereinbarung der Rückzahlung des Kredites in jener Währung, in der Kredit ausgenutzt wurde“ verwiesen werde. Dies reiche nicht aus um die Fremdwährungsklausel ausreichend zu bestimmen und sei daher der gesamte Kreditvertrag aufgrund der Eigenschaft als essentialia negotii nichtig. In der Branche bekannt war das von der unterlegenen Bank erhobene Rechtsmittel an den OGH, dessen Entscheidung mit Spannung erwartet wurde. Könnte endlich doch etwas für die Verbraucher gewonnen werden?

Auf dem Boden der (Rechts-)Tatsachen zurückgekommen, flatterte erst kürzlich die neuste OGH Entscheidung – noch nicht veröffentlicht – ins Haus, welche die Rechtsprechungslinie des OGH nunmehr in Stein meißelt. Zusammengefasst führte dieser rechtlich aus, dass beide Parteien den Abschluss eines Kreditvertrages in der Währung Schweizer Franken wollten. Die Kreditnehmer erhielten auch Schweizer Franken ausbezahlt und konnten die entsprechenden Beträge aus dem Kontoauszug entnehmen. Die fremde Währung stellt die Grundlage für die Rückzahlungsverpflichtung dar, was wesentlich ist. Der Wille der Kreditnehmer war eindeutig darauf gerichtet, das Wechselkursrisiko zu Schweizer Franken zu tragen. Ausreichend Aufklärung erfolgte, ebenso wie ein mehrmaliger Hinweis auf eine Konvertierung, welche durchwegs abgelehnt wurde. Selbst wenn die Fremdwährungsklausel im Kreditvertrag selbst unbestimmt gewesen wäre, würde dies durch zeitnahe Information der Kreditnehmer über den zugrunde gelegten Franken-Betrag ausreichende Bestimmtheit eintreten lassen.

Auch, wenn der OGH überraschenderweise eine so verbraucherfeindliche Linie fährt, sind die rechtlichen Argumente durchwegs schlüssig und nachvollziehbar. Spätestens jetzt ist die gefestigte Meinung der Rechtsprechung über die Chancenlosigkeit der Bekämpfung des klassischen Fremdwährungskredites zu akzeptieren. Die Banken gehen auch deshalb auf keinerlei Gespräche zu Nachlässen oder Vergleichen ein. Sonder- oder Ausnahmefälle sind nur noch schwer denkbar.

Zu den Autorinnen:

Mag. Nina Kupec ist geprüfte Rechtsanwaltsanwärterin bei Neumayer & Walter.

Mag. Ulrich Walter ist Kanzleipartner bei Neumayer & Walter.

Bitcoin/Da Vinci: Geschädigte Investoren erhielten Privatbeteiligtenzusprüche

Mühsam ersiegter Zwischenerfolg iS Bitcoin/Da Vinci: Geschädigte Investoren erhielten Privatbeteiligtenzusprüche

Im Betrugsfall Da Vinci sind die beiden Angeklagten am 25.05.2022 vor dem Wiener Straflandesgericht nicht rechtskräftig zu Freiheitsstrafen in der Höhe von 5 Jahren (Erstangeklagter) und 24 Monaten, wovon 21 Monate bedingt nachgesehen wurden (Zweitangeklagter) verurteilt worden. Beide Angeklagte haben ein Rechtsmittel gegen die Urteile angemeldet. 

Den im Verfahren von unserer Kanzlei vertretenen Privatbeteiligten (jedes Opfer, das sich bis zum Ende der Hauptverhandlung dem Strafverfahren aufgrund von privatrechtlichen Ansprüchen, wie etwa Schadenersatz, angeschlossen hat) wurden nach der Begründung des Richters die am Tag der jeweiligen Investition aufgrund des geringsten Bitcoinkurses ausgerechneten Schadenersatzbeträge in Euro zugesprochen. Auch die Privatbeteiligtenzusprüche sind aufgrund der Rechtsmittelanmeldungen der Angeklagten noch nicht rechtskräftig. 

Zusammengefasst haben die Angeklagten den Da Vinci Fintech Investment Cub gegründet und vorgegeben, mit den von den Investoren erhaltenen Bitcoins oder Eurobeträgen sogenanntes Trading zu treiben und exotische Renditen versprochen – sie haben anfänglich auch tatsächlich Renditen ausbezahlt, bis schlussendlich ihr vermeintliches Ponzi-System zusammenbrach und die finanzielle Blase platzte. 

Die Ansprüche der Geschädigten sind mit einem sogenannten Titel gem. § 1 Z 8 EO, eben mit einem rechtskräftigen Privatbeteiligtenzuspruch, in weiterer Folge vollstreckbar (das bedeutet, dass gerichtliche Schritte zur Eintreibung gesetzt werden können). Wir unterstützen Sie gerne bei der Veranlassung sämtlicher Schritte zur Vollstreckung jedweder Privatbeteiligtenzusprüche, die Sie in Strafverfahren erwirkt haben. MMag. Dr. Johannes Neumayer und Mag. Dominique Perl stehen Ihnen diesbezüglich für sämtliche notwendigen Schritte von der Aufbereitung Ihres Privatbeteiligtenanschlusses in einem Strafverfahren (das ist die Anmeldung Ihres Schadens) bis zur Vollstreckung des rechtskräftigen Privatbeteiligtenzuspruches gerne mit Rat und Tat zur Seite. 

Corona- Fluggastrechte und Reisen

Steht bei einer coronabedingten Annullierung die Ausgleichsleistung gem. Art 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen (kurz: FluggastrechteVO) zu? 

Wenn ein gebuchter Flug ausfällt oder mehr als drei Stunden Verspätung hat, besteht nach der FluggastrechteVO grundsätzlich ein Recht des Fluggastes auf eine Ausgleichsleistung (Entschädigung), die je nach gebuchter Flugstrecke bis zu 600 Euro beträgt. Die Ausgleichsleistung ist durch das Flugunternehmen jedoch nicht zu bezahlen, wenn der Fluggast 14 Tage vor dem Flugdatum über den Ausfall informiert wurde.

Die Information über den stornierten Flug kommt oft ungelegen und überraschend.

Erwägungsgrund 12 der Verordnung spricht in diesen Fällen von einem Ärgernis und von Unannehmlichkeiten, die den Fluggästen durch die Annullierung von Flügen entstehen und ebenfalls verringert werden sollten. Dies sollte dadurch erreicht werden, dass die Luftfahrtunternehmen die Fluggäste vor der planmäßigen Abflugzeit über Annullierungen informieren und ihnen darüber hinaus eine zumutbare anderweitige Beförderung anbieten, sodass die Fluggäste umdisponieren können.

Andernfalls sollten die Luftfahrtunternehmen den Fluggästen einen Ausgleich leisten und auch eine angemessene Betreuung anbieten, es sei denn, die Annullierung geht auf außergewöhnliche Umstände zurück, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. (Art 5 Abs 1 und Art 7 Fluggastrechte VO).

Lange keine Klarheit ob außergewöhnliche Umstände aufgrund der COVID-19 Pandemie anzunehmen sind.

Zur Frage, ob man bei einer coronabedingten Annullierung neben dem Anspruch auf Rückerstattung der Ticketkosten oder anderweitige Beförderung auch einen Entschädigungsanspruch hat, ist jedoch erst seit Kurzem mehr Klarheit geschaffen worden.

Anfänglich erschien es aufgrund der am 18.03.2020 von der Europäischen Kommission veröffentlichten Auslegungsleitlinien u.a. zur FluggastrechteVO so, als ob Corona zu den außergewöhnlichen Umständen zu zählen wären und Annullierungen pauschal auf diese zurückzuführen seien. So heißt es etwa in Punkt 3.4. der Auslegungsleitlinien „Nach Auffassung der Kommission sind die Maßnahmen, die Behörden zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie ergreifen, ihrer Art und Ursache nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit von Beförderern und von diesen tatsächlich nicht zu beherrschen.

Die Bedingung des Art 5 Abs 3 der FluggastrechteVO sollte daher als erfüllt gelten, wenn Behörden bestimmte Flüge entweder von Rechts wegen verbieten oder den Personenverkehr in einer Weise untersagen, die de facto die Durchführung des betreffenden Flugs ausschließt.“

Die nicht durch unsere Kanzlei erwirkte Entscheidung des HG Wien vom 19.03.2021 zu 60 R 20/21b definiert die vorerwähnten Auslegungsleitlinien der Kommission, die durchaus als unternehmerfreundlich betrachtet werden können, etwas anders und rückt diese in ein anderes Licht:

Im vorliegenden Fall hat die beklagte Fluglinie nämlich vorgebracht, dass die Annullierung des Fluges auf außergewöhnliche Umstände, nämlich eine Flugplanänderung, bedingt durch die Corona-Pandemie zurückzuführen gewesen wäre. Im Zuge des Verfahrens über die vom Fluggast begehrte Ausgleichsleistung wegen Annullierung des Fluges von Rom nach Wien sowie des Aufwandersatzes für Mahlzeiten und Erfrischungen konkretisierte die beklagte Fluglinie nämlich die eingewendeten außergewöhnlichen Umstände dahingehend, dass anhand der Buchungslage des Streckennetzwerks und der Auslastung sowie der entsprechenden Implikationen durch die COVID-19-Maßnahmen Annullierungsentscheidungen getroffen werden mussten. 

Gerade in diesem Fall war daher die beklagte Fluglinie nicht aufgrund von behördlichen Auflagen oder Beschränkungen des Personenverkehrs zur Annullierung des Fluges gezwungen, sondern vielmehr aufgrund (durchaus nachvollziehbarer) ökonomischer Erwägungen. 

Argumentation mit Gesundheitsschutz und besserer Auslastung zweischneidig

Die durch die weltweite COVID-19 Pandemie zwingend notwendigen Flugplanänderungen und sämtliche Begleitmaßnahmen, die Fluglinien zu treffen haben, stellt für sich allein nach Ansicht des HG Wien noch keinen außergewöhnlichen Umstand dar.

Eine gleichwohl berechtigte Argumentation mit der Notwendigkeit, die Besatzung sowie die Fluggäste auch in Punkto Gesundheit zu schützen, steht jedoch in eklatantem Widerspruch zur Annullierung eines Fluges aus ökonomischen Erwägungen. Die bessere Auslastung des nächsten Fluges führt nach Ansicht des HG Wien zu einem größeren Infektionsrisiko auf diesem und kann daher nicht als Maßnahme des Gesundheitsschutzes, die mit einem außergewöhnlichen Umstand nach der Diktion der FluggastrechteVO in Einklang stehen würde, verstanden werden. 

Zusammengefasst wäre daher eine bei weniger als 14 Tage vor dem geplanten Abflugdatum bekanntgegebenen Annullierung wegen COVID-19 genau zu prüfen, ob neben dem Wahlrecht zwischen vollständiger Erstattung des Flugtickets oder anderweitiger Beförderung (Umbuchung), auch eine sogenannte Ausgleichsleistung zusteht. 

Ihre persönlichen Erstattungsansprüche in Zusammenhang mit COVID-19 hängen von vielen unterschiedlichen Faktoren, wie die Art der gebuchten Reise, dem Zeitpunkt der Annullierung und der Lage am Reiseziel ab. Wir unterstützen Sie gerne bei der Prüfung Ihrer Ansprüche bei Reiseausfällen sowie bei sämtlichen Rechtsfragen in Zusammenhang mit dem europäischen Reise- und Passagierrecht. 

Zur Autorin: Mag. Dominique Perl ist seit Jänner 2020 als Rechtsanwaltsanwärterin bei Neumayer & Walter tätig und befasst sich zusammen mit Mag. Ulrich Walter und MMag. Dr. Johannes Neumayer ständig mit aktuellen Fragen des europäischen Reise- und Passagierrechts. 

Bitcoin / Atronocom: „Getradet und verloren“

Update: Die Hauptverhandlung wurde für den 24.02.2022 anberaumt. Geschädigte, die im Zeitraum Juli 2018 bis November 2019 in Bitcoin/Da Vinci investiert haben, mögen bis spätestens 11.02.2022 per Mail oder telefonisch an unsere Kanzlei wenden, um ihre Schäden im Verfahren anzumelden. Am besten bereits mit sämtlichen Unterlagen, u.a. wann welche Beträge in Bitcoin investiert wurden und welche Auszahlungen  erhalten wurden.(Überweisungsbelege, Aufstellung über die Transaktionen, Screenshot der Online Aufstellungen der vorhandenen Bitcoins, etc.)

Mit 13. Dezember 2021 wurde die Anklageschrift gegen Thomas K. und Herrn Guo-Yong Ch. nunmehr endlich veröffentlicht (bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt dennoch die Unschuldsvermutung)!

Der Hauptvorwurf der Staatsanwaltschaft Wien gegen die beiden Angeklagten ist das Verbrechen des gewerbsmäßig schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB – die Ermittlungen haben ergeben, dass das Geschäftsmodell der Angeklagten als sogenanntes Ponzi Scheme zu qualifizieren ist. Bei dieser Art des Betrugs werden Kundengelder unter Versprechung utopisch hoher Renditen und geringen Risikos eingesammelt und Gewinne häufig anfangs auch tatsächlich ausbezahlt. Allerdings werden diese nicht durch Veranlagung erzielt, sondern erhalten frühere Kunden angebliche Gewinnzahlungen aus den Geldern neuer Kunden. Sobald allerdings ein größerer Teil der Anleger eine Auszahlung verlangt oder keine neuen Kunden hinzukommen, kollabiert das System. 

Insgesamt 78 Geschädigte Bitcoin und Atronocom Anleger werden allein in der Anklageschrift genannt, wobei bereits darin angeführt wird, dass noch zahlreiche weitere noch festzustellende Geschädigte existieren dürften. 

Begründend führt die Staatsanwaltschaft aus, dass etwa im Jahr 2018 die Angeklagten gemeinsam den Plan gefasst haben, im Rahmen eines Anlagemodells für Kryptowährungen Vermögenswerte, insbesondere Bitcoin, von Anlegern in großem Stil zu vereinnahmen. In diesem Zusammenhang wurde in der Schweiz der Verein „Da Vinci Fintech Exekutives Switzerland“ gegründet. 

Gekördert wurden die zahlreichen geschädigten Anleger durch den Internetauftritt davinci-fintech.club und davinci-vip.com mit einem sogenannten „Da Vinci Projekt“ als exklusiver und privater „Investment Club“, der sich mit Marktdynamiken im internationalen Krypto Bereich beschäftigte. Thomas K. dürfte sich hier im Rahmen der Vereinsleitung um den Austausch sowie den Handel mit den Kryptowährungen im Namen der Mitglieder gekümmert haben. Der Zweitangeklagte habe wiederum die Klubmitgliedschaften und die Aufnahme neuer Mitglieder administriert. Den Mitgliedern wurden Gewinne von etwa 10 % monatlich versprochen. Eine Mitgliedschaft im „Investment Club“ war zumindest mit 3 Monaten vorgegeben.

„Tatsächlich handelten nur die Angeklagten im Namen des Vereins und traten den „Kunden“ gegenüber als Funktionäre des Vereins auf. Während der Erstangeklagte für das „Trading“ verantwortlich zeichnete, übernahm der Zweitangeklagte zusammen mit anderen Vermittlern den Vertrieb und die Kunden-Akquise und fungierte als Kassier. Auf welche Weise mit den eingesetzten Vermögenswerten konkret Gewinne erzielt werden sollten, legten die Angeklagten nicht näher dar.“

Daneben wurde mit einer sicheren und längerfristigen Anlagestrategie geworben, wobei sich das Da Vinci Projekt als Unternehmen mit mehreren kompetenten und erfahrenen Mitarbeitern nach außen hin als solide und vertrauensvoll präsentierte. „Insgesamt wirkten die von den Angeklagten vorgeschobenen „Sicherheitskonzepte“ und Zusicherungen auf die Anleger glaubwürdig[…] Den größten Teil der investierten Vermögenswerte […] verwendeten die Angeklagten nicht für „Trades“, sondern sie transferierten die Bitcoins – zur Verschleierung in mehreren Zwischenschritten – an private Walltes, wechselten die Kryptowährungen in Fiat-Geld und eigneten sich das Kapital der Anleger anteilig auf andere noch festzustellende Weise zu.“

Nach dem Vorwurf der Staatsanwaltschaft wurden die Geschädigten insbesondere darüber getäuscht, dass der Erstangeklagte die erhaltenen Privatdarlehen zurückzahlen können wird. Keiner der Investoren erhielt das eingesetzte Kapital jedoch vollständig zurück; der herbeigeführte Schaden übersteigt jedenfalls eine Million Euro. 

Ein angeklagter Nebenschauplatz ist ein Vorfall, der sich vor der Festnahme im Juli hinsichtlich Thomas K. ereignet haben dürfte. Diesbezüglich hat der Angeklagte zwei befreundete Polizisten dazu bewogen, den Zulassungsbesitzer eines vermeintlichen Verfolger-Fahrzeuges herauszufinden und eine Auskunft über die Zulassungsbesitzer erhalten. Der Grund für den Vorwurf des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt ist einfach: der Angeklagte ging davon aus, dass ihn mehrere Personen verfolgten, denen er Geld schuldete.

Ein Termin für die Hauptverhandlung steht noch nicht fest. Geschädigte Anleger können ihren Schaden jedoch weiterhin bis zum Ende der Hauptverhandlung als Privatbeteiligte geltend machen. 

Wir stehen in dieser Causa weiterhin gerne mit rechtlichem Rat und Tat zur Seite.